Zwei eigens angelegte Teiche und mehrere Steinhaufen schaffen im bernischen Wannental Lebensräume für Reptilien und Amphibien. Eine Führung durch den Biologen Antonio Mazzacco gab auch wertvolle Denkanstösse, wie Naturschutz und Permakultur zusammenarbeiten können.
Anlässlich einer Führung zu den zwei Teichen und den grossen Steinhaufen im bernischen Wannental vom 6. Mai 2021 gab der Biologe Antonio Mazzocco spannende Einblicke in die Entstehung der Bauten, die zur Förderung von Amphibien und Reptilien angelegt wurden. Dabei ging er auch auf die gesetzlichen und behördlichen Vorgaben ein und erläuterte, wie man am besten vorgeht um so ein Projekt erfolgreich durchführen zu können.
Künstlich angelegt, aber wichtig
Diese Teiche und Steinhaufen sind so angelegt, dass sie speziell für den «Glögglifrosch» (Geburtshelferkröte) und die Zauneidechse einen wertvollen Lebensraum bilden. Wie viele Arten, leiden sie unter Habitatsverlust: Die Geburtshelferkröte gilt laut Roter Liste als «stark gefährdet», die Zauneidechse als «verletzlich». Aber auch andere Amphibien- und Reptilienarten profitieren von den künstlich angelegten Lebensräumen.
Nebst interessanten Einblicken wie Teiche und Steinhaufen «richtig» gebaut werden um auch wirklich einen Nutzen für die Tiere zu bringen (und wie auch eigenwillige Waldbesitzer einen wertvollen Beitrag zu einem strukturreichen Lebensraum beitrugen…), betrachteten wir in der Diskussionsrunde das Ganze aber auch aus einer kritischeren Perspektive: Obwohl solch künstlich angelegte «Inseln» enorm wichtig sind für die Vernetzung von Lebensräumen, ist es doch auch sonderbar wie wir heutzutage künstliche Lebensräume an Orten schaffen, die zumindest teilweise auf natürliche Art nicht an diesen Orten entstehen würden. Also zum Beispiel ein Teich für den Glögglifrosch, der mit Folie ausgelegt wird, weil er sich sonst an der gegebenen Stelle nicht selbständig mit Wasser füllen, beziehungsweise nicht das ganze Jahr Wasser halten würde. Als Nebenbemerkung gilt hier zu erwähnen, dass es natürlich auch Arten gibt, die auf das Austrocknen oder eine andere Störung des Habitats angewiesen sind, da sie Pionierarten und konkurrenzschwach sind. Dazu gehört beispielsweise die Gelbbauchunke.
Ebenso zeigte Antonio beim zweiten Teich, der in der Waldzone angelegt wurde, wie dort der Waldrand durch Fällen von Bäumen und gezieltem Schneiden von Sträuchern künstlich verändert wurde, damit mehr Sonneneinstrahlung und somit Licht und Wärme den Teich erreichen, ohne welche der Teich ein weniger bis gar nicht geeignetes Habitat für Amphibien wäre. Auch hier also ist der gezielte Eingriff des Menschen zur Schaffung und Pflege dieser neuen Lebensräume notwendig, da sie eben sonst nicht vorhanden wären.
Wind und Wasser als natürliche Baumeister
Wie entstehen denn solche Lebensräume ohne den Menschen? Die zwei grossen natürlichen Einwirkungen sind Wasser und Wind. Sie verursachen Störungen, die neue Lebensräume schaffen. Das Wasser in einem natürlichen Flusslauf nagt stetig an den Ufern. Dadurch entstehen Abrisse, nackter Boden kommt zum Vorschein, ein Baum wird entwurzelt und fällt um. So entstehen Lebensräume für Pionierarten und natürliche «Steinhaufen» durch Geschiebe. Der Wind lässt alte, grosse Bäume umfallen und schafft dadurch neue Lebensräume durch Totholz, nackten Boden wo der Wurzelstock war, mehr Licht und Wärme am Boden durch die entstandene Lücke im Blätterdach. Solche Phänomene sind jedoch durch Flussbegradigungen und die praktisch flächendeckende Bewirtschaftung der Wälder in der Schweiz zu einem grossen Teil nicht mehr vorhanden. Es gibt aber noch eine dritte grosse Einwirkung: Wir Menschen. Und das ist auch in Ordnung so, auch wir dürfen das Ökosystem nutzen, auch wir sind Teil davon. Die Bedingung sollte aber sein, dass wir bewusst eingreifen und verstehen was wir tun. Auch wir müssen mit unserem Tun neue Lebensräume schaffen.
Permakultur als Weg zu lebendigem Naturschutz
Darin sahen wir als Schlussfolgerung dieses Kurses auch die Rolle der Permakultur in Verbindung mit Naturschutz: Flächen zur Förderung von Lebensräumen und der Biodiversität sollten an Ort und Stelle stetig und immerzu entstehen als Teil unserer Bewirtschaftung/Nutzung dieser Flächen, anstatt sie später anderswo künstlich anzulegen. Eine Wandlung vom «statischen» Naturschutz zu einem beweglichen, der mit der Zeit geht und von den Menschen aktiv und langfristig gepflegt wird als Teil ihrer Lebenskultur.
Tipps für weitere Naturexkursionen
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